Hallo!
Bei meiner alten Klingenthaler Geige (erst seit einem Jahr in meinem Besitz) hatte sich vor zwei Wochen durch das häufige Ãben und durch den Hand- und Körperschweià der Leim an manchen Stellen gelöst (Handstelle, Kinnhalter, z. T. an den Zargen) und es entstand plötzlich ein surrendes Geräusch.
Ich habe sie vor zwei Wochen zum nächsten Geigenbauer gebracht, der wohl mehrere offene Randstellen an Boden und Decke geleimt hat.
Seitdem klingt die Geige nicht mehr! Sie hat ihren singenden Klang verloren, klingt plötzlich gedämpft, stumpf und nasal. Ich bin schockiert, zumal ich einen Musikwettbewerb in zwei Wochen vor mir habe und ich durch den veränderten Klang nicht mehr so spielen kann, wie ich zuvor gespielt habe.
Was ist da geschehen? Wie kann so etwas kommen? Ist "zuviel" geleimt worden? Das Surren war immer noch zu hören nach der ersten Leimung, so dass der Geigenbauer mehrfach nachgeleimt hat, bevor ich die Geige zurückbekommen habe. Müssen beim Leimen eines alten Instrumentes (es ist 200 Jahre alt) Besonderheiten bedacht werden, die nicht jeder Geigenbauer kennt? Was soll ich tun? Ich war in der Zwischenzeit bei einem anderen (renommierten) Geigenbauer, der den Stimmstock und den Steg neu justiert hat. Er meinte, dass sich durch das "bombenfeste" Leimen die Spannung im Korpus verändert hätte. Es ist etwas besser dadurch geworden, aber der "alte" wunderschöne, singende und brilliante Klang dieser für mich einzigartigen Geige hat sich nicht mehr eingestellt....
Was kann ich tun? Was raten Sie? Ich bin ziemlich verzweifelt. Sollten die "neuen" Leimstellen noch einmal geöffnet werden und von einem anderen Geigenbauer neu verleimt werden, der sich mit alten Instrumenten aus Klingenthal besser auskennt?
Katarina
alte Klingenthaler Geige - neue Leimung und Klangverlust?
Moderatoren: Heidrun Eichler, Udo Kretzschmann
-
- Museumsmitarbeiter
- Beiträge: 1226
- Registriert: Do 22. Dez 2005, 13:58
- Wohnort: Markneukirchen
Re: alte Klingenthaler Geige - neue Leimung und Klangverlust
Liebe Katarina,
das klingt ja wirklich verzweifelt. Leider weià ich keinen Rat und Udo Kretzschmann, der hier Moderator ist, befindet sich mit unserem Stadtorchester auf einer Reise in Norwegen. Ich frage morgen einen unserer Giegenbauer und teile Dir die Antwort mit.
Vielleicht muss sie einfach wieder eingespielt werden?
Bleib hoffnungsvoll
Heidrun
das klingt ja wirklich verzweifelt. Leider weià ich keinen Rat und Udo Kretzschmann, der hier Moderator ist, befindet sich mit unserem Stadtorchester auf einer Reise in Norwegen. Ich frage morgen einen unserer Giegenbauer und teile Dir die Antwort mit.
Vielleicht muss sie einfach wieder eingespielt werden?
Bleib hoffnungsvoll

Heidrun
-
- Geigenbaumeister
- Beiträge: 570
- Registriert: Do 02. Feb 2006, 11:16
- Wohnort: Markneukirchen
- Kontaktdaten:
Re: alte Klingenthaler Geige - neue Leimung und Klangverlust
Hallo Katarina,
ich komme gerade mit vielen tollen Eindrücken aus Norwegen zurück und habe nun die Foren- Frage entdeckt.
Hmm, da ist aus der Ferne ganz schwer etwas zu raten und so einen Fall habe ich bisher auch noch nicht gehört. Normalerweise sind eher die offenen Stellen das Problem, das den veränderten Klang verursacht - und Du schreibst ja auch, daà da ein Surren zu hören war. Daà aber eine ordentlich wieder zugeleimte Violine schlechter klingen soll, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, sollte sie doch durch das Nachleimen nur in den Originalzustand zurück versetzt worden sein.
Beim Nachleimen offener Stellen verwendet man bewuÃt einen nicht zu "straff" eingestellten Leim, um das Instrument reparaturfreundlich zu erhalten. Denn früher oder später muà ja fast jedes Instrument einmal geöffnet werden. Mich irritiert daher der Begriff "bombenfest". Ist womöglich nicht mit Warmleim gearbeitet worden? Doch Du schreibst von einem Geigenbauer und bei einem solchen kann ich mir einen derartigen Frevel nicht vorstellen.
Mein erster Gedanke war, daà sich beim Arbeiten aus Versehen die Stimme verstellt hat, doch das hat ja der Kollege schon kontrolliert, bzw. korrigiert.
Ich muà gestehen, ich bin einigermaÃen ratlos. Sind denn eventuell Ton-Aufnahmen aus der Zeit da, BEVOR einige Stellen sich geöffnet hatten und danach? Nur so könnte man objektiv Veränderungen feststellen, manchmal glorifiziert man ja auch (unbewuÃt) die Vergangenheit.
Es tut mir leid, kein Patentrezept parat zu haben, aber der Fall erscheint mir schon sehr ungewöhnlich. Auf alle Fälle hat Heidrun mit der Empfehlung recht, das Instrument neu einzuspielen und dabei zu beobachten, ob wieder eine Verbesserung eintritt. Sollten wirklich sehr umfangreiche Leimungen notwendig geworden sein, könnte es schon wie beim Neubau auch zu Spannungen gekommen sein und diese müssen dann - ebenso wie bei einem Neubau - "herausgespielt" werden.
Viele GrüÃe
Udo
ich komme gerade mit vielen tollen Eindrücken aus Norwegen zurück und habe nun die Foren- Frage entdeckt.
Hmm, da ist aus der Ferne ganz schwer etwas zu raten und so einen Fall habe ich bisher auch noch nicht gehört. Normalerweise sind eher die offenen Stellen das Problem, das den veränderten Klang verursacht - und Du schreibst ja auch, daà da ein Surren zu hören war. Daà aber eine ordentlich wieder zugeleimte Violine schlechter klingen soll, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, sollte sie doch durch das Nachleimen nur in den Originalzustand zurück versetzt worden sein.
Beim Nachleimen offener Stellen verwendet man bewuÃt einen nicht zu "straff" eingestellten Leim, um das Instrument reparaturfreundlich zu erhalten. Denn früher oder später muà ja fast jedes Instrument einmal geöffnet werden. Mich irritiert daher der Begriff "bombenfest". Ist womöglich nicht mit Warmleim gearbeitet worden? Doch Du schreibst von einem Geigenbauer und bei einem solchen kann ich mir einen derartigen Frevel nicht vorstellen.
Mein erster Gedanke war, daà sich beim Arbeiten aus Versehen die Stimme verstellt hat, doch das hat ja der Kollege schon kontrolliert, bzw. korrigiert.
Ich muà gestehen, ich bin einigermaÃen ratlos. Sind denn eventuell Ton-Aufnahmen aus der Zeit da, BEVOR einige Stellen sich geöffnet hatten und danach? Nur so könnte man objektiv Veränderungen feststellen, manchmal glorifiziert man ja auch (unbewuÃt) die Vergangenheit.
Es tut mir leid, kein Patentrezept parat zu haben, aber der Fall erscheint mir schon sehr ungewöhnlich. Auf alle Fälle hat Heidrun mit der Empfehlung recht, das Instrument neu einzuspielen und dabei zu beobachten, ob wieder eine Verbesserung eintritt. Sollten wirklich sehr umfangreiche Leimungen notwendig geworden sein, könnte es schon wie beim Neubau auch zu Spannungen gekommen sein und diese müssen dann - ebenso wie bei einem Neubau - "herausgespielt" werden.
Viele GrüÃe
Udo
Re: alte Klingenthaler Geige - neue Leimung und Klangverlust
Zum Thema Sündenfall: Ich hatte gerade vor ein paar Wochen einen Freund zu Besuch, dessen vollmassiver (ca. 50 Jahre alter) Kontrabaà während eines Besuches bei Freunden in der Decke längs gerissen war (man sollte halt keine Zimmer schnell anheizen, wenn ein Baà drinsteht **ggg**). An sich war das nix Schlimmes, zumal so'n Baà ja auch "nur eine klingende Bretterkiste" ist.
Der örtliche BaÃbauer (Profiwerkstatt wohlgemerkt!) Hat den Rià aufgebogen, den Spalt mit Kaltleim gefüllt und dann von innen noch zwei Plättchen aufgeleimt. Sah gut aus - aber: Oh Schreck - dumpf, schwach...der Baà klang zur Gänze anders. Genaugenommen klang er gar icht mehr.
Das Teil an sich ist keine Schönheit, aber es war vorher ein einwandfrei klingender Mittelklasse-BaÃ.
Nun wurde beim nächsten Geigenbauer nahe seines Wohnortes die Stimme überprüft und auch alles weitere. Saitenspannung, Stimmstockposition...alles ok und trotz versuchter Korrekturen keine Ãnderung. Der Geigenbauer hat dann (weil er wohl ein Technikfreak ist) mal mit einem Abnehmer die Schwingungen der Decke gemessen. Und siehe da: Innen zwischen Rià und Steg schwingt die Decke einwandfrei, auÃen hingegen so gut wie gar nicht.
Er hat dann vorsichtig die neuen Brettchen wieder abgestemmt und auch den Rià aufgefräst und mit einer eingesetzten Leiste verschlossen. Diese wurde richtig solide mit Warmleim eingeklebt und auch beidseitig beigeschlichtet. Das Ganze hat er innen durch die Tonlöcher mit Spiegel gemacht (wat 'ne Ochserei!), da er die Decke auf gar keinen Fall abnehmen wollte. Grund: "Die ausgehärtete und kristallharte Leimung kriege ich nie wieder so hin. Wäre schade um den erwachsenen Klang."
Das Ergebnis kan sich sehen lassen. Der Baà klingt wieder frei und klar und hat nur noch ein paar kleine Schwächen, die vermutlich mit der neuen Spannungsverteilung in der Decke zu tun haben. Die Stimme steht übrigens wieder ganz genau am ursprünglichen Ort. Es kann also, trotz Profihand, auch am falschen Leimen liegen ;-/
GruÃ
Roman
PS: Das Urangebot war übrigens: Decke ab, hobeln, neu verleimen, neu aufleimen, stimmen und einstellen - 450,- das Rià Kleben kostete 150,- und die notwendige Nachreparatur noch mal 350,- (allerdings mit extremem Freunschaftsbonus). Inklusive Fahrtkosten sind also keinerlei Kosten erspart - aber der Baà beinahe runiert worden ;-(
Der örtliche BaÃbauer (Profiwerkstatt wohlgemerkt!) Hat den Rià aufgebogen, den Spalt mit Kaltleim gefüllt und dann von innen noch zwei Plättchen aufgeleimt. Sah gut aus - aber: Oh Schreck - dumpf, schwach...der Baà klang zur Gänze anders. Genaugenommen klang er gar icht mehr.
Das Teil an sich ist keine Schönheit, aber es war vorher ein einwandfrei klingender Mittelklasse-BaÃ.
Nun wurde beim nächsten Geigenbauer nahe seines Wohnortes die Stimme überprüft und auch alles weitere. Saitenspannung, Stimmstockposition...alles ok und trotz versuchter Korrekturen keine Ãnderung. Der Geigenbauer hat dann (weil er wohl ein Technikfreak ist) mal mit einem Abnehmer die Schwingungen der Decke gemessen. Und siehe da: Innen zwischen Rià und Steg schwingt die Decke einwandfrei, auÃen hingegen so gut wie gar nicht.
Er hat dann vorsichtig die neuen Brettchen wieder abgestemmt und auch den Rià aufgefräst und mit einer eingesetzten Leiste verschlossen. Diese wurde richtig solide mit Warmleim eingeklebt und auch beidseitig beigeschlichtet. Das Ganze hat er innen durch die Tonlöcher mit Spiegel gemacht (wat 'ne Ochserei!), da er die Decke auf gar keinen Fall abnehmen wollte. Grund: "Die ausgehärtete und kristallharte Leimung kriege ich nie wieder so hin. Wäre schade um den erwachsenen Klang."
Das Ergebnis kan sich sehen lassen. Der Baà klingt wieder frei und klar und hat nur noch ein paar kleine Schwächen, die vermutlich mit der neuen Spannungsverteilung in der Decke zu tun haben. Die Stimme steht übrigens wieder ganz genau am ursprünglichen Ort. Es kann also, trotz Profihand, auch am falschen Leimen liegen ;-/
GruÃ
Roman
PS: Das Urangebot war übrigens: Decke ab, hobeln, neu verleimen, neu aufleimen, stimmen und einstellen - 450,- das Rià Kleben kostete 150,- und die notwendige Nachreparatur noch mal 350,- (allerdings mit extremem Freunschaftsbonus). Inklusive Fahrtkosten sind also keinerlei Kosten erspart - aber der Baà beinahe runiert worden ;-(