Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Moderatoren: Heidrun Eichler, STELOL
Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Bisher ist der Onkel in diesem Forum nicht in Erscheinung getreten und nur wenige hatten bisher mit mir Kontakt. Heute ändert sich das, denn vor rund einem Jahr landeten zwei alte SIMETO-Tonabnehmer aus einer Musima Record auf meinem Tisch...
Gründlich, wie der Onkel nun mal ist, habe ich mich auf die Suche nach Informationen begeben. Als quasi Abfallprodukt entstand der nachfolgende Artikel.
447 Absätze, 1252 Zeilen, 10903 Wörter, 67294 Zeichen
Das ist der Artikel "Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma"!
Da ich damit wohl jedes Forum sprenge, werde ich von meinen sonstigen Gepflogenheiten abweichen und hier nur einen Appetithappen posten. Wer es nicht abwarten kann, kann hier gleich den ganzen Artikel lesen.
Los geht es...
Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Einleitung
"Vintage", diesem Schlagwort laufen heute viele Musiker quasi blind hinterher, verbinden sie damit doch qualitativ hochwertige Elektrogitarren. Anfänglich wurden mit diesem Begriff nur Instrumente weniger amerikanischer Hersteller (hauptsächlich "Gibson" und "Fender") aus bestimmten Jahrgängen bezeichnet. Seit man jedoch festgestellt hat, daà man mit diesem Begriff schnell und viel Geld verdienen kann, wird fast jede etwas ältere Elektrogitarre pauschal als "vintage" bezeichnet. Selbst relative junge Instrumente, die in den 90er Jahren in Korea oder gar noch später in Indonesien produziert wurden, werden manchmal mit diesem Begriff beworben.
"Vintage ist alt, alt ist gut und gut ist teuer!" Getreu diesem Motto findet auch so manche "Gurke" seinen Weg zu einem unbedarften Musiker, der häufig nicht Willens oder in der Lage ist, die Spreu vom Weizen zu trennen. Gerade wenn ein Instrument nicht mit Fakten, sondern mit puren Begrifflichkeiten beworben wird, sollte man also sehr vorsichtig sein! Dieses gilt besonders für Hersteller, dessen Namen man bisher noch nicht kannte.
Reduziert man den Begriff "vintage" auf "alt", so wird das potentielle Angebot schlagartig unermeÃlich groÃ. Die entsprechenden Instrumente aus dem Mutterland der Elektrogitarre sind heute vielfach nicht mehr bezahlbar, so denn überhaupt eines angeboten wird. Aus diesem Grunde haben sich viele Sammler anderen Herstellern zugewendet. Hier sind natürlich zunächst die groÃen japanischen Hersteller aus den 70er und 80er Jahren gemeint. Aber auch in Europa findet sich eine groÃe Anzahl von Herstellern, die eine ganze Reihe von interessanten Instrumenten produziert haben.
Schaut man sich den Ruf und die Reputation der verschiedenen Hersteller an, so ist ein eindeutiges Ost-West-Gefälle festzustellen. Zu den amerikanischen Produkten ist da nicht viel zu sagen. Die sind einfach "top"! So sagt man jedenfalls. Dagegen schneiden die westeuropäischen Hersteller schon deutlich schlechter ab. Aber eine "Burns" aus GroÃbritannien wurde damals auch nicht verachtet. In der Bundesrepublik Deutschland hatten "Framus", "Höfner", "Hoyer" und andere teilweise durchaus hochwertige Instrumente im Angebot. Bei vielen Musikern hieà es aber trotzdem: "You'll never get famous with a Framus!" Markengläubigkeit ist also nicht eine Erfindung unserer Zeit!
Aber auch hinter dem eisernen Vorhang begannen sich die Menschen für die Beat- und Rock-Musik zu interessieren, sehr zum Leidwesen der damaligen Machthaber, die darin häufig einen imperialistischen Angriff auf den real existierenden Sozialismus vermuteten. AuÃerdem war man der Meinung, daà diese Art der Musik nicht in das Bild einer "allseitig gebildeten sozialistischen Persönlichkeit" paÃte und reagierte teilweise sogar mit Verboten und Repressalien gegenüber Musikern und Fans. Mit dem wachsenden Erfolg dieser neuen Musik entstand jedoch auch in Osteuropa der Bedarf nach den notwendigen Musikinstrumenten und technischen Gerätschaften. Da ein Import westlicher Instrumente nicht nur verpönt, sondern in der Regel einfach aus finanzieller Sicht nicht möglich war, begannen die lokalen Hersteller damit, entsprechende Instrumente selber zu produzieren.
Genau wie die frühen japanischen Hersteller orientierten sich auch ihre osteuropäischen Kollegen an den Modellen aus GroÃbritannien und den USA. Allerdings übertrieb man es auch nicht, um die Produkte des Klassenfeindes nicht unnötig aufzuwerten. Eine Kopierwelle, wie sie in Japan in den frühen 70er Jahren auftrat, findet man in Osteuropa also nicht. Hier legte man deutlich mehr Wert auf eine gewisse Eigenständigkeit!
Unter allen östlichen Elektrogitarren hatten die Instrumente aus der DDR bezüglich der Qualität den besten Ruf, gleichwohl sie in vielen Fällen nicht mit den westlichen Gitarren zu vergleichen waren. Viele Instrumente standen, allein aufgrund ihrer "klobigen" Handhabung, bei den Musikern in keinem besonders hohen Ansehen. Die ostdeutschen Hersteller aus Klingenthal und Markneukirchen produzierten hauptsächlich für den Export, um westliche Devisen zu erwirtschaften und so kam es, daà man die guten Instrumente zum Beispiel für kleines Geld im westdeutschen Versandhandel erwerben konnte, während die Musiker in der DDR sich mit den wenigen Instrumenten aus zweiter oder dritter Wahl begnügen muÃten, die darüber hinaus auch noch sehr teuer waren und häufig nur unter dem Ladentisch gehandelt wurden.
Na, Lust auf mehr? Der vollständige und aktualisierte Artikel ist wie immer in der Knowledge-Base der Guitar-Letters zu finden.
"Edit:
Da ich in den letzten Tagen eine Menge weiterer Informationen erhalten habe, befindet sich der Artikel im Umbruch. Um nicht jede wichtige Ãnderung in allen Foren machen zu müssen, habe ich den Beitrag hier auf die Einleitung gekürzt."
Ulf
Gründlich, wie der Onkel nun mal ist, habe ich mich auf die Suche nach Informationen begeben. Als quasi Abfallprodukt entstand der nachfolgende Artikel.
447 Absätze, 1252 Zeilen, 10903 Wörter, 67294 Zeichen
Das ist der Artikel "Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma"!
Da ich damit wohl jedes Forum sprenge, werde ich von meinen sonstigen Gepflogenheiten abweichen und hier nur einen Appetithappen posten. Wer es nicht abwarten kann, kann hier gleich den ganzen Artikel lesen.
Los geht es...
Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Einleitung
"Vintage", diesem Schlagwort laufen heute viele Musiker quasi blind hinterher, verbinden sie damit doch qualitativ hochwertige Elektrogitarren. Anfänglich wurden mit diesem Begriff nur Instrumente weniger amerikanischer Hersteller (hauptsächlich "Gibson" und "Fender") aus bestimmten Jahrgängen bezeichnet. Seit man jedoch festgestellt hat, daà man mit diesem Begriff schnell und viel Geld verdienen kann, wird fast jede etwas ältere Elektrogitarre pauschal als "vintage" bezeichnet. Selbst relative junge Instrumente, die in den 90er Jahren in Korea oder gar noch später in Indonesien produziert wurden, werden manchmal mit diesem Begriff beworben.
"Vintage ist alt, alt ist gut und gut ist teuer!" Getreu diesem Motto findet auch so manche "Gurke" seinen Weg zu einem unbedarften Musiker, der häufig nicht Willens oder in der Lage ist, die Spreu vom Weizen zu trennen. Gerade wenn ein Instrument nicht mit Fakten, sondern mit puren Begrifflichkeiten beworben wird, sollte man also sehr vorsichtig sein! Dieses gilt besonders für Hersteller, dessen Namen man bisher noch nicht kannte.
Reduziert man den Begriff "vintage" auf "alt", so wird das potentielle Angebot schlagartig unermeÃlich groÃ. Die entsprechenden Instrumente aus dem Mutterland der Elektrogitarre sind heute vielfach nicht mehr bezahlbar, so denn überhaupt eines angeboten wird. Aus diesem Grunde haben sich viele Sammler anderen Herstellern zugewendet. Hier sind natürlich zunächst die groÃen japanischen Hersteller aus den 70er und 80er Jahren gemeint. Aber auch in Europa findet sich eine groÃe Anzahl von Herstellern, die eine ganze Reihe von interessanten Instrumenten produziert haben.
Schaut man sich den Ruf und die Reputation der verschiedenen Hersteller an, so ist ein eindeutiges Ost-West-Gefälle festzustellen. Zu den amerikanischen Produkten ist da nicht viel zu sagen. Die sind einfach "top"! So sagt man jedenfalls. Dagegen schneiden die westeuropäischen Hersteller schon deutlich schlechter ab. Aber eine "Burns" aus GroÃbritannien wurde damals auch nicht verachtet. In der Bundesrepublik Deutschland hatten "Framus", "Höfner", "Hoyer" und andere teilweise durchaus hochwertige Instrumente im Angebot. Bei vielen Musikern hieà es aber trotzdem: "You'll never get famous with a Framus!" Markengläubigkeit ist also nicht eine Erfindung unserer Zeit!
Aber auch hinter dem eisernen Vorhang begannen sich die Menschen für die Beat- und Rock-Musik zu interessieren, sehr zum Leidwesen der damaligen Machthaber, die darin häufig einen imperialistischen Angriff auf den real existierenden Sozialismus vermuteten. AuÃerdem war man der Meinung, daà diese Art der Musik nicht in das Bild einer "allseitig gebildeten sozialistischen Persönlichkeit" paÃte und reagierte teilweise sogar mit Verboten und Repressalien gegenüber Musikern und Fans. Mit dem wachsenden Erfolg dieser neuen Musik entstand jedoch auch in Osteuropa der Bedarf nach den notwendigen Musikinstrumenten und technischen Gerätschaften. Da ein Import westlicher Instrumente nicht nur verpönt, sondern in der Regel einfach aus finanzieller Sicht nicht möglich war, begannen die lokalen Hersteller damit, entsprechende Instrumente selber zu produzieren.
Genau wie die frühen japanischen Hersteller orientierten sich auch ihre osteuropäischen Kollegen an den Modellen aus GroÃbritannien und den USA. Allerdings übertrieb man es auch nicht, um die Produkte des Klassenfeindes nicht unnötig aufzuwerten. Eine Kopierwelle, wie sie in Japan in den frühen 70er Jahren auftrat, findet man in Osteuropa also nicht. Hier legte man deutlich mehr Wert auf eine gewisse Eigenständigkeit!
Unter allen östlichen Elektrogitarren hatten die Instrumente aus der DDR bezüglich der Qualität den besten Ruf, gleichwohl sie in vielen Fällen nicht mit den westlichen Gitarren zu vergleichen waren. Viele Instrumente standen, allein aufgrund ihrer "klobigen" Handhabung, bei den Musikern in keinem besonders hohen Ansehen. Die ostdeutschen Hersteller aus Klingenthal und Markneukirchen produzierten hauptsächlich für den Export, um westliche Devisen zu erwirtschaften und so kam es, daà man die guten Instrumente zum Beispiel für kleines Geld im westdeutschen Versandhandel erwerben konnte, während die Musiker in der DDR sich mit den wenigen Instrumenten aus zweiter oder dritter Wahl begnügen muÃten, die darüber hinaus auch noch sehr teuer waren und häufig nur unter dem Ladentisch gehandelt wurden.
Na, Lust auf mehr? Der vollständige und aktualisierte Artikel ist wie immer in der Knowledge-Base der Guitar-Letters zu finden.
"Edit:
Da ich in den letzten Tagen eine Menge weiterer Informationen erhalten habe, befindet sich der Artikel im Umbruch. Um nicht jede wichtige Ãnderung in allen Foren machen zu müssen, habe ich den Beitrag hier auf die Einleitung gekürzt."
Ulf
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- Registriert: Do 22. Dez 2005, 13:58
- Wohnort: Markneukirchen
Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Hallo Ulf,
ich bin ehrlich begeistert!
Von der Geschichte über den letzten Besitzer der Musima habe ich zwar mal etwas gehört, aber "nichts Genaues weià man nicht". Den Vorgänger hatte ich mal kurz kennengelernt und wusste von da an, dass es nicht funktionieren wird.
Ich glaube, der Hauptfehler wurde wirklich durch die Treuhand gemacht, die ja landesweit die Betriebe für'n Appel und 'n Ei verscherbelt hat ohne sich die Intressenten richtig anzuschauen.
Dass es auch anders ging, zeigt die B&S GmbH, aber das ist leider ein seltenes Beispiel.
Inwieweit die Sparkasse zu dieser Zeit wirklich noch DDR-lastig war, wäre zu recherchieren.
Welche Funktion hatte Herr Bärwinkel denn beim Rat des Bezirkes, Abt. Kultur? Ich weià eigentlich nur, dass er ein Liedersänger war. Das ist zwar auch nicht unbedingt eine sichere Grundlage aus betriebswirtschaftlicher Sicht, aber vielleicht wollten die Entscheidungsleute zu diesem Zeitpunkt keinen "Wessi" oder jemanden aus dem westlichen Ausland. An den Amerikaner kann ich mich erinnern, den habe ich durchs Museum geführt. Ob er das nun besser gemacht hätte, darüber kann man heute aber auch nur spekulieren.
Es ist einfach schade, aber leider nicht mehr zu ändern, dass es die Musima nicht mehr gibt. Da es 2009 keine Fördermittel für den Abriss (Rückbau ist wohl das falsche Wort) gab, steht der Betrieb noch. Es ist das einzige Betriebsgebäude, das zu DDR-Zeit in Markneukirchen gebaut wurde und so gesehen sollte es eigentlich erhalten werden. Aber da sich niemand dafür interessiert, hat man ein Problem damit. Es ist ja auch nicht das einzige Gebäude in Markneukirchen, das leer steht und für das man Investoren sucht.
Wir sind jetzt voll mit der WeiÃgerber-Ausstellung beschäftigt, aber vielleicht können wir uns in der 2. Jahreshälfte ernsthaft mit einer Musima-Gitarren-Ausstellung beschäftigen. Anfragen und Anregungen dazu gibt es seit langem. Wir haben jetzt auch bald die räumlichen Voraussetzungen dafür und Interessenten und Leihgeber gibt es ja genug.
Viele GrüÃe
Heidrun
ich bin ehrlich begeistert!
Von der Geschichte über den letzten Besitzer der Musima habe ich zwar mal etwas gehört, aber "nichts Genaues weià man nicht". Den Vorgänger hatte ich mal kurz kennengelernt und wusste von da an, dass es nicht funktionieren wird.
Ich glaube, der Hauptfehler wurde wirklich durch die Treuhand gemacht, die ja landesweit die Betriebe für'n Appel und 'n Ei verscherbelt hat ohne sich die Intressenten richtig anzuschauen.
Dass es auch anders ging, zeigt die B&S GmbH, aber das ist leider ein seltenes Beispiel.
Inwieweit die Sparkasse zu dieser Zeit wirklich noch DDR-lastig war, wäre zu recherchieren.
Welche Funktion hatte Herr Bärwinkel denn beim Rat des Bezirkes, Abt. Kultur? Ich weià eigentlich nur, dass er ein Liedersänger war. Das ist zwar auch nicht unbedingt eine sichere Grundlage aus betriebswirtschaftlicher Sicht, aber vielleicht wollten die Entscheidungsleute zu diesem Zeitpunkt keinen "Wessi" oder jemanden aus dem westlichen Ausland. An den Amerikaner kann ich mich erinnern, den habe ich durchs Museum geführt. Ob er das nun besser gemacht hätte, darüber kann man heute aber auch nur spekulieren.
Es ist einfach schade, aber leider nicht mehr zu ändern, dass es die Musima nicht mehr gibt. Da es 2009 keine Fördermittel für den Abriss (Rückbau ist wohl das falsche Wort) gab, steht der Betrieb noch. Es ist das einzige Betriebsgebäude, das zu DDR-Zeit in Markneukirchen gebaut wurde und so gesehen sollte es eigentlich erhalten werden. Aber da sich niemand dafür interessiert, hat man ein Problem damit. Es ist ja auch nicht das einzige Gebäude in Markneukirchen, das leer steht und für das man Investoren sucht.
Wir sind jetzt voll mit der WeiÃgerber-Ausstellung beschäftigt, aber vielleicht können wir uns in der 2. Jahreshälfte ernsthaft mit einer Musima-Gitarren-Ausstellung beschäftigen. Anfragen und Anregungen dazu gibt es seit langem. Wir haben jetzt auch bald die räumlichen Voraussetzungen dafür und Interessenten und Leihgeber gibt es ja genug.




Viele GrüÃe
Heidrun
Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Hallo Ulf,
auch ich bin BEGEISTERT !
Endlich wird ausgesprochen,was schon seit Jahren hätte ausgesprochen werden sollen.
Meiner Meinung nach sollten Roà und Reiter genannt werden ! Das Problem dabei ist aber,daà man schneller als erwartet eine Klage am Hals hat.
Auch ich kenne die Geschichten über den letzten Musima-Besitzer (Betreiber kann man ja wohl nicht sagen) und seine Machenschaften aus Gesprächen mit ehem.Mitarbeitern der MUSIMA.Wenn selbst die damalige Landesregierung beim Herunterwirtschaften eines Betriebes zuschaut,tauchen Fragen über die Glaubwürdigkeit deutscher Gesetze auf......
Vielleicht schwingt auch ein wenig Wehmut als Fan der MUSIMA mit,aber ich persönlich fände es schade,wenn das Produktionsgebäude "RÃCKGEBAUT"würde.Wenn ich genug Kleingeld hätte,würde ich versuchen,die Gebäude zurückzukaufen und sie für einen würdigen Zweck zu verwenden.Vorschläge dazu gab es genügend ...
einen schönen Sonntag !
der Matthias

auch ich bin BEGEISTERT !
Endlich wird ausgesprochen,was schon seit Jahren hätte ausgesprochen werden sollen.
Meiner Meinung nach sollten Roà und Reiter genannt werden ! Das Problem dabei ist aber,daà man schneller als erwartet eine Klage am Hals hat.
Auch ich kenne die Geschichten über den letzten Musima-Besitzer (Betreiber kann man ja wohl nicht sagen) und seine Machenschaften aus Gesprächen mit ehem.Mitarbeitern der MUSIMA.Wenn selbst die damalige Landesregierung beim Herunterwirtschaften eines Betriebes zuschaut,tauchen Fragen über die Glaubwürdigkeit deutscher Gesetze auf......
Vielleicht schwingt auch ein wenig Wehmut als Fan der MUSIMA mit,aber ich persönlich fände es schade,wenn das Produktionsgebäude "RÃCKGEBAUT"würde.Wenn ich genug Kleingeld hätte,würde ich versuchen,die Gebäude zurückzukaufen und sie für einen würdigen Zweck zu verwenden.Vorschläge dazu gab es genügend ...
einen schönen Sonntag !
der Matthias

Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Gute Arbeit!!!





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- Museumsmitarbeiter
- Beiträge: 1226
- Registriert: Do 22. Dez 2005, 13:58
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Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Das GröÃte ist ja, dass man den Eindruck hat, Ulf hat die Zeit selbst miterlebt, aber er kommt ja nicht mal aus der Nähe, er ist ein
WESSI
oder eigentlich ein NORDI


oder eigentlich ein NORDI

Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Stimmt Heidrun ! Du hast Recht !
Da muà man fast schon W O S S I sagen , so gut wie es Ulf rüberbringt....!
ein schönes Wochenende Euch allen !
der Matthias

Da muà man fast schon W O S S I sagen , so gut wie es Ulf rüberbringt....!
ein schönes Wochenende Euch allen !
der Matthias



Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Hallo zusammen,
gröÃtenteils ebenfalls ein groÃes Lob an den Ersteller dieses Artikels. Bei dem folgenden Abschnitt bin ich jedoch strikt anderer Meinung:
"So bitter es für die ehemaligen Mitarbeiter, aber auch für Sammler und Liebhaber dieser Instrumente auch ist, aus wirtschaftlicher Sicht ist die Zeit für einen Betrieb wie die "Musima" in Deutschland leider abgelaufen!"
Diese Meinung herrscht zwar allgemein vor, ist aber letztlich sehr stark von Polemik geprägt.
Klar ist, dass die Musima als (Massen-)Hersteller preiswerter Instrumente in der Einsteigerklasse keine Chance gehabt hätte. Dies ist im übrigen der einzige Analogieschluss, den ich aus dem oben zitierten Abschnitt in gewissen Grenzen auch für andere Branchen gelten lasse.
Jedoch war die Musima war meiner Meinung nach nicht so schlecht aufgestellt. Als AuÃenstehender bietet sich mir folgendes Bild, gerne lass ich mich aber hier auch berichtigen:
Die Fertigung war in hohem MaÃe mechanisiert, KnowHow war in überragendem MaÃe vorhanden, noch bei der Insolvenz 2004 wurde ein "bestialisch" groÃes Waren- und Teilelager abverkauft, Betriebsmittel waren somit wohl zumindest in ausreichendem MaÃe vorhanden. Zudem hatte Musima schon zu DDR-Zeiten durchaus konkurrenzfähige Produkte. Gerade die E-Gitarren der Lead-Star und MH-Generation weiÃen eine erstaunliche Fertigungsqualität auf. Mit Ausnahme der relativ pfeifanfälligen Tonabnehmer stehen viele der mir bekannten Instrumente dieser Serie vergleichbaren Produkten des selben Alters in nichts nach. Das Programm akustischer Instrumente in der Nachwendezeit war mehr als respektabel. In den Markneukirchener Werkstätten wurden vorzügliche Instrumente entwickelt und gebaut. Es bestanden wohl einige Geschäftsbeziehungen zu anderen Instrumentenherstellern. Zudem war die Mitarbeiterzahl auf eine überschaubare GröÃe "angepasst".
Ich denke, Musima hätte mit etwas unternehmerischer Weitsicht, einem klar positionierten Markenauftritt und geschickter Vermarktung durchaus eine Zukunftschance gehabt. Neben der Produktion im Hochpreissegment hätte man als Zulieferer im Bereich Holzbearbeitung für Unternehmen in der Musikbranche und in anderen Bereichen für eine vernünftige Produktionsauslastung sorgen können.
Viele GrüÃe,
Roland
gröÃtenteils ebenfalls ein groÃes Lob an den Ersteller dieses Artikels. Bei dem folgenden Abschnitt bin ich jedoch strikt anderer Meinung:
"So bitter es für die ehemaligen Mitarbeiter, aber auch für Sammler und Liebhaber dieser Instrumente auch ist, aus wirtschaftlicher Sicht ist die Zeit für einen Betrieb wie die "Musima" in Deutschland leider abgelaufen!"
Diese Meinung herrscht zwar allgemein vor, ist aber letztlich sehr stark von Polemik geprägt.
Klar ist, dass die Musima als (Massen-)Hersteller preiswerter Instrumente in der Einsteigerklasse keine Chance gehabt hätte. Dies ist im übrigen der einzige Analogieschluss, den ich aus dem oben zitierten Abschnitt in gewissen Grenzen auch für andere Branchen gelten lasse.
Jedoch war die Musima war meiner Meinung nach nicht so schlecht aufgestellt. Als AuÃenstehender bietet sich mir folgendes Bild, gerne lass ich mich aber hier auch berichtigen:
Die Fertigung war in hohem MaÃe mechanisiert, KnowHow war in überragendem MaÃe vorhanden, noch bei der Insolvenz 2004 wurde ein "bestialisch" groÃes Waren- und Teilelager abverkauft, Betriebsmittel waren somit wohl zumindest in ausreichendem MaÃe vorhanden. Zudem hatte Musima schon zu DDR-Zeiten durchaus konkurrenzfähige Produkte. Gerade die E-Gitarren der Lead-Star und MH-Generation weiÃen eine erstaunliche Fertigungsqualität auf. Mit Ausnahme der relativ pfeifanfälligen Tonabnehmer stehen viele der mir bekannten Instrumente dieser Serie vergleichbaren Produkten des selben Alters in nichts nach. Das Programm akustischer Instrumente in der Nachwendezeit war mehr als respektabel. In den Markneukirchener Werkstätten wurden vorzügliche Instrumente entwickelt und gebaut. Es bestanden wohl einige Geschäftsbeziehungen zu anderen Instrumentenherstellern. Zudem war die Mitarbeiterzahl auf eine überschaubare GröÃe "angepasst".
Ich denke, Musima hätte mit etwas unternehmerischer Weitsicht, einem klar positionierten Markenauftritt und geschickter Vermarktung durchaus eine Zukunftschance gehabt. Neben der Produktion im Hochpreissegment hätte man als Zulieferer im Bereich Holzbearbeitung für Unternehmen in der Musikbranche und in anderen Bereichen für eine vernünftige Produktionsauslastung sorgen können.
Viele GrüÃe,
Roland
Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Mancher mag das als Polemik auffassen. Im Zusammenhang mit meinem Artikel möchte ich diesen Begriff jedoch zurückweisen!badenbaer hat geschrieben:Diese Meinung herrscht zwar allgemein vor, ist aber letztlich sehr stark von Polemik geprägt.
Für mich ist das schlicht und ergreifend die Realität!
Damit ist eine Massenproduktion Deiner Meinung nach also auch ausgeschlossen und der Verlust vieler Arbeitsplätze "beschlossene Sache".badenbaer hat geschrieben:Klar ist, dass die Musima als (Massen-)Hersteller preiswerter Instrumente in der Einsteigerklasse keine Chance gehabt hätte. Dies ist im übrigen der einzige Analogieschluss, den ich aus dem oben zitierten Abschnitt in gewissen Grenzen auch für andere Branchen gelten lasse.
Ich arbeite in der Halbleiterindustrie. Seit den frühen 90er Jahren sehe ich hier eine vollkommen analoge Entwicklung. Die Produktion wird aus Kostengründen immer mehr nach Asien oder in andere billige Länder verlagert. Eine vergleichbare Entwicklung ist jetzt auch im Dienstleistungsbereich zu beobachten. Immer mehr Service-Hotlines oder Call-Center werden verlagert. Nach Irland, nach Polen, nach Ungarn... Ãber den sogenannten zweiten Arbeitsmarkt und die "Pestbeule" der Leiharbeit wollen wir hier lieber gar nicht erst reden!
Was heiÃt schon "im hohen MaÃe mechanisiert"? Mitte der 90er Jahre waren moderne computergestützte Fräsen der Standard in japanischen und koreanischen Gitarrenfabriken! Galt das auch für die Musima?badenbaer hat geschrieben:Jedoch war die Musima war meiner Meinung nach nicht so schlecht aufgestellt... Die Fertigung war in hohem MaÃe mechanisiert, KnowHow war in überragendem MaÃe vorhanden,
Ich habe in dieser Zeit einige Halbleiterfabriken in den neuen Bundesländern besucht. Keine Frage, die Kollegen waren bestens ausgebildet. Wir hatten damals in Hamburg schon nicht mehr das neueste Material, aber verglichen damit war im Osten Steinzeit! Kaum einer dieser Betriebe hat überlebt und wenn, dann sind das heute kleine Bastelbuden, über die niemand mehr redet!
Wer eine massive Elektrogitarre in Massen produzieren will, der benötigt dazu kein besonders groÃes Know-How, sondern ein gutes Rezept, welches mit groÃer Zuverlässigkeit billig reproduziert wird.
Ein groÃes Lager ist schön, aber ein Lager bindet Kapital ohne Zinsens abzuwerfen! Wenn es nicht gelingt, daraus möglichst schnell Produkte zu fertigen und am Markt abzusetzen, dann ist das lediglich ein Kostenfaktor!badenbaer hat geschrieben:noch bei der Insolvenz 2004 wurde ein "bestialisch" groÃes Waren- und Teilelager abverkauft, Betriebsmittel waren somit wohl zumindest in ausreichendem MaÃe vorhanden.
Jedem Controller, der halbwegs bei Trost ist, wird das ein absoluter Dorn im Auge sein und er wird versuchen, diesen Zustand umgehend zu ändern. Wenn man nicht produzieren kann, aus welchem Grund auch immer, dann wird so ein Lager schnellst möglich aufgelöst, solange man dafür noch etwas bekommt! So denken Controller allgemein. Ob eine solche Entscheidung mittelfristig für den Betrieb vorteilhaft ist, steht indes auf einem anderen Blatt!
Diese Qualität konnte man genau so in Japan und Korea erhalten!badenbaer hat geschrieben:Zudem hatte Musima schon zu DDR-Zeiten durchaus konkurrenzfähige Produkte. Gerade die E-Gitarren der Lead-Star und MH-Generation weiÃen eine erstaunliche Fertigungsqualität auf. Mit Ausnahme der relativ pfeifanfälligen Tonabnehmer stehen viele der mir bekannten Instrumente dieser Serie vergleichbaren Produkten des selben Alters in nichts nach.
Es mag sein, daà die Lohnkosten in Sachsen nach der Wende mit den Verhältnissen in Korea zu vergleichen waren. Die dortigen Fabriken waren aber mit Sicherheit effizienter!
Toll! Aber viele Produkte bedeuten auch viel Aufwand und damit hohe Kosten...badenbaer hat geschrieben:Das Programm akustischer Instrumente in der Nachwendezeit war mehr als respektabel.
Das ist, meiner Meinung nach, zumindest im Bereich der Schlaggitarren, unstrittig! Was hingegen die massiven Elktrogitarren betrifft... Ich hatte vor einiger Zeit mal irgendwo geschrieben, daà ein solches Instrument jeder bessere Tischler "zusammenschustern" kann, solange er ordentliches Material verwendet und vernünftig arbeitet. Ach ja, das Rezept habe ich vergessen. Gibt es jetzt im Internet in verschiedener Ausfertigung!badenbaer hat geschrieben:In den Markneukirchener Werkstätten wurden vorzügliche Instrumente entwickelt und gebaut.

Ganz so einfach ist es natürlich nicht, aber immerhin. (Ãbertreiben macht anschaulich!

Was der erste Schritt von einer Massenproduktion zu einer kleinen Manufaktur war.badenbaer hat geschrieben:Zudem war die Mitarbeiterzahl auf eine überschaubare GröÃe "angepasst".
Das hätte aber zumindest einen Geldgeber vorausgesetzt, der Willens war, über einen längeren Zeitraum stillzuhalten und genau das ist heute leider nicht mehr "modern"!badenbaer hat geschrieben:Ich denke, Musima hätte mit etwas unternehmerischer Weitsicht, einem klar positionierten Markenauftritt und geschickter Vermarktung durchaus eine Zukunftschance gehabt.

Ich will nicht ausschlieÃen, das es für die Musima in irgendeiner Form eine Zukunft gegeben hätte, aber nach meinem Dafürhalten wäre das sehr unwahrscheinlich gewesen. Zumindest die bekannte groÃe Fabrik mit über 1000 Mitarbeitern wäre in meinen Augen in Deutschland (und Europa) heute undenkbar.
Wo gibt es denn in good old Europe heute noch groÃe Instrumentenfabriken? Auch Fender und Gibson haben bis heute wohl nur so gut überlebt, weil sie seinerzeit eigene Billig-Labels in Asien etabliert haben.
Mir ist klar, daà ich mir mit diesem Standpunkt nicht unbedingt Freunde mache, aber es macht meiner Meinung nach auch keinen Sinn, die Augen vor der Realität zu verschlieÃen. Und wie die aussieht, kann man in Markneukirchen am Beispiel von Warwick vermutlich bestens studieren.

Ulf
ps: Die Sache mit dem Einbinden der Bilder ist echt assich

- Dateianhänge
-
- CNC-Fräsen bei Fuji Gen Gakki in Japan
- new0.jpg (74.65 KiB) 18279 mal betrachtet
Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Da bin ich mir nicht so sicher - bei Fender schon etwas sicherer: Keine "Billig-Labels" etabliert, nur "billige" Produktion, z.B. in Mexiko.DerOnkel hat geschrieben:Auch Fender und Gibson haben bis heute wohl nur so gut überlebt, weil sie seinerzeit eigene Billig-Labels in Asien etabliert haben.
Wo kann man da Genaueres erfahren? Ich für meinen Teil will so eine wie meine Musima "Lead Star III" wieder (mit "meinen Modifikationen") oder keine.DerOnkel hat geschrieben:Mir ist klar, daà ich mir mit diesem Standpunkt nicht unbedingt Freunde mache, aber es macht meiner Meinung nach auch keinen Sinn, die Augen vor der Realität zu verschlieÃen. Und wie die aussieht, kann man in Markneukirchen am Beispiel von Warwick vermutlich bestens studieren.

Was die Qualität betrifft: Hast du die mal gespielt? Offensichtlich nicht, sonst würdest du dich nicht so abfällig über die "Bretter" von Musima (oder aus dem Osten allgemein) äuÃern. So einen Pfusch gab's da jedenfalls nicht (und von so einer billigen "Konkurrenz" lässt sich so ein Traditionsbetrieb wie Musima plattmachen):
Früher war alles besser! (Walter Kraushaar)
Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Lieber Ulf,
vielen Dank für Deinen ausführlichen Post. In vielen Dingen kann ich Deine Meinung nachvollziehen, vor allem vor dem Hintergrund betrachtet, dass du deine Erfahrungen in der Halbleiterindustrie gesammelt hast. Die Lohnkosten, vor allem auch die Lohnnebenkosten sind in Deutschland zweifelsohne hoch. Das ist schon ein wichtiger Punkt. Allerdings sehe ich die Verlagerung von Produktion ins Ausland vielmals nicht als zwingende Notwendigkeit, sondern vielmehr als In-Fakt an. Es ist schlicht und ergreifend populär, seine Produktion zu verlagern. Leider wird oftmals nicht bedacht, dass man sich den Kostenvorteil seitens der Lohnkosten oftmals durch ProduktivitätseinbuÃen, Lieferengpässe und QualitätseinbuÃen erkauft. Natürlich mag es Einzelfälle geben, wo das nicht so ist, aber gerade dann, wenn zur Herstellung eines Produktes, KnowHow, Kreativität und Erfahrung gefragt sind, geht dieser Schuss oft nach Hinten los. Selbstverständlich gibt es Industriebranchen, die diese Effekte nur in abgeschwächter Form berühren, und zwar immer dann, wenn die Produktion entweder sehr einfach ist, oder fast vollständig automatisiert ist. Eine FertigungsstraÃe arbeitet in Asien nur unwesentlich anders als in Europa. So ist ein Drahtwiderstand aus Asien nicht von einem europäischen zu unterscheiden. Auch bei anderen einfachen Produkten gilt dies. Halbleiter aus Asien haben oftmals ein sehr ordentliches Preis-/Leistungsverhältnis.
Die Musima stellte jedoch (gröÃtenteils) hochwertige Musikinstrumente her. Hier gestaltet sich in meinen Augen die Situation anders. Die Fabrik war in hohem MaÃe mechanisiert. Selbstverständlich hatte man nach meinem Wissensstand keine CNC-Fräsen, aber man hatte Kopierfräsmaschinen. Bei einfachen Serienfrästeilen tun diese Maschinen genauso ihren Dienst. Auch die Umsetzung neuer Modelle ist nur unwesentlich schwieriger. Statt einer CNC-Datei erstellt man einen Prototyp, nach dessen Vorlage die Serienteile gefräst werden. Mit solchen Maschinen lässt sich durchaus vernünftig arbeiten.
In der Halbleiterindustrie wäre so etwas nicht möglich, hier teile ich voll und ganz deine Ansicht. Aber in der Musikinstrumentenbranche produziert man abzüglich gewisser Feinheiten noch heute Instrumente nach dem Stand der 50er/60er Jahre. Da hat sich nicht groÃartig etwas geändert und funktioniert auf einem älteren Maschinenpark auch heute noch ganz ordentlich.
Was den Unterschied macht ist gerade das KnowHow. Ein Hersteller hochwertiger Produkte muss sich durch ausgefeilte Detaillösungen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Selbstverständlich muss dieses Alleinstellungsmerkmal dann auch gut beworben werden. Gerade daran hat es bei Musima jedoch gefehlt.
Nun möchte ich noch auf die âMärâ der Lagerhaltungskosten eingehen. Ich halte es generell für falsch, dass heute mehr und mehr zu Just-in-Time-, bzw. sogar Just-in-Sequence-Produktion übergegangen wird. In meinen Augen ist das oftmals genauso ein Modegag. Es hört sich allgemein gut an und die groÃen Beratungsunternehmen empfehlen es. Ich denke es lohnt sich einen Blick in die Geschichte dieser Idee zu werfen. Der JIT-Gedanke stammt aus der Autobilindustrie Japans der 60er-Jahre. Hintergrund war die Idee, Kosten zu senken, zu vermeiden, indem man nur produziert, was auch direkt benötigt wird, also keine Produktion auf Halde, wie sie bis dahin und noch wesentlich länger traditionell in den groÃen Industrienationen üblich war. Es ging also primär darum, nicht unnötig zu produzieren und nicht darum, unnötig zu lagern. Der JIT-Ansatz ist in Branchen mit schnellen Modellwechseln, starken Nachfrageschwankungen und hohen Stückzahlen durchaus sinnvoll. In anderen Branchen allerdings fragwürdig. Wenn in der Produktion eine hohe Anzahl an Standardteilen benötigt wird, wenn Modellwechsel flieÃend geschehen, wenn Produkte nur auf Anfrage produziert werden ist JIT fehl am Platz und eine vernünftige Lagerhaltung sinnvoll. Viele Unternehmen gehen in Insolvenz, weil sie trotz Aufträgen keine Werkstoffe zur Erfüllung der Aufträge beziehen können. Bei Musima waren die Lager allerdings voll.
Noch ein letzter Punkt zur Qualität der Musima-Produkte. Mir ist beides schon untergekommen. Es gab âKrückenâ, aber auch hochwertiges. Meine 25 K zum Beispiel war von der Fertigungsqualität eher schlechter. Hier hat man schlicht und ergreifend schlampig bundiert. Auch eine SLAMMER-Strat, die ich vor einigen Jahren in die Hände bekam war leicht verpfuscht. Die Halstasche dieses Modells war unsauber gefräst.
Bei allen Musima-Gitarren, die ich je in Händen gehalten habe (und das dürfen gut 30 Stück gewesen sein) waren dies jedoch die einzigen AusreiÃer nach unten. Gerade die âspätenâ E-Gitarren und die Nachwende-Akustik-Gitarren sowieso, sind von derart herausragender Qualität, dass sie sich vor keinem Konkurrenten ihrer Klasse verstecken müssten. Dazu noch ein abschlieÃendes Beispiel: Meine Musima Lead-Star (Moderne Variante mit âCharvel-Formâ-Hals, Bridge-Humbucker und 2 Singlecoil) steht meiner Ibanez RBM 10 (Baujahr irgendwann Mitte-Ende der 90er) in Punkto Bespielbarkeit und mechanischer Ausführung in nichts nach. Während der Ibanez-Body etwas filigraner geformt ist, ist das Musima-Tremolo-System dem an der Ibz verbauten Floyd-Rose in Punkto Stimmbarkeit und Handling klar überlegen.
Selbstverständlich wäre eine Musima mit 1000 Mitarbeitern Belegschaft heute undenkbar. Dennoch hätte das Unternehmen in an Marktverhältnisse angepasste Form durchaus eine Ãberlebenschance gehabt.
Viele GrüÃe,
Roland
vielen Dank für Deinen ausführlichen Post. In vielen Dingen kann ich Deine Meinung nachvollziehen, vor allem vor dem Hintergrund betrachtet, dass du deine Erfahrungen in der Halbleiterindustrie gesammelt hast. Die Lohnkosten, vor allem auch die Lohnnebenkosten sind in Deutschland zweifelsohne hoch. Das ist schon ein wichtiger Punkt. Allerdings sehe ich die Verlagerung von Produktion ins Ausland vielmals nicht als zwingende Notwendigkeit, sondern vielmehr als In-Fakt an. Es ist schlicht und ergreifend populär, seine Produktion zu verlagern. Leider wird oftmals nicht bedacht, dass man sich den Kostenvorteil seitens der Lohnkosten oftmals durch ProduktivitätseinbuÃen, Lieferengpässe und QualitätseinbuÃen erkauft. Natürlich mag es Einzelfälle geben, wo das nicht so ist, aber gerade dann, wenn zur Herstellung eines Produktes, KnowHow, Kreativität und Erfahrung gefragt sind, geht dieser Schuss oft nach Hinten los. Selbstverständlich gibt es Industriebranchen, die diese Effekte nur in abgeschwächter Form berühren, und zwar immer dann, wenn die Produktion entweder sehr einfach ist, oder fast vollständig automatisiert ist. Eine FertigungsstraÃe arbeitet in Asien nur unwesentlich anders als in Europa. So ist ein Drahtwiderstand aus Asien nicht von einem europäischen zu unterscheiden. Auch bei anderen einfachen Produkten gilt dies. Halbleiter aus Asien haben oftmals ein sehr ordentliches Preis-/Leistungsverhältnis.
Die Musima stellte jedoch (gröÃtenteils) hochwertige Musikinstrumente her. Hier gestaltet sich in meinen Augen die Situation anders. Die Fabrik war in hohem MaÃe mechanisiert. Selbstverständlich hatte man nach meinem Wissensstand keine CNC-Fräsen, aber man hatte Kopierfräsmaschinen. Bei einfachen Serienfrästeilen tun diese Maschinen genauso ihren Dienst. Auch die Umsetzung neuer Modelle ist nur unwesentlich schwieriger. Statt einer CNC-Datei erstellt man einen Prototyp, nach dessen Vorlage die Serienteile gefräst werden. Mit solchen Maschinen lässt sich durchaus vernünftig arbeiten.
In der Halbleiterindustrie wäre so etwas nicht möglich, hier teile ich voll und ganz deine Ansicht. Aber in der Musikinstrumentenbranche produziert man abzüglich gewisser Feinheiten noch heute Instrumente nach dem Stand der 50er/60er Jahre. Da hat sich nicht groÃartig etwas geändert und funktioniert auf einem älteren Maschinenpark auch heute noch ganz ordentlich.
Was den Unterschied macht ist gerade das KnowHow. Ein Hersteller hochwertiger Produkte muss sich durch ausgefeilte Detaillösungen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Selbstverständlich muss dieses Alleinstellungsmerkmal dann auch gut beworben werden. Gerade daran hat es bei Musima jedoch gefehlt.
Nun möchte ich noch auf die âMärâ der Lagerhaltungskosten eingehen. Ich halte es generell für falsch, dass heute mehr und mehr zu Just-in-Time-, bzw. sogar Just-in-Sequence-Produktion übergegangen wird. In meinen Augen ist das oftmals genauso ein Modegag. Es hört sich allgemein gut an und die groÃen Beratungsunternehmen empfehlen es. Ich denke es lohnt sich einen Blick in die Geschichte dieser Idee zu werfen. Der JIT-Gedanke stammt aus der Autobilindustrie Japans der 60er-Jahre. Hintergrund war die Idee, Kosten zu senken, zu vermeiden, indem man nur produziert, was auch direkt benötigt wird, also keine Produktion auf Halde, wie sie bis dahin und noch wesentlich länger traditionell in den groÃen Industrienationen üblich war. Es ging also primär darum, nicht unnötig zu produzieren und nicht darum, unnötig zu lagern. Der JIT-Ansatz ist in Branchen mit schnellen Modellwechseln, starken Nachfrageschwankungen und hohen Stückzahlen durchaus sinnvoll. In anderen Branchen allerdings fragwürdig. Wenn in der Produktion eine hohe Anzahl an Standardteilen benötigt wird, wenn Modellwechsel flieÃend geschehen, wenn Produkte nur auf Anfrage produziert werden ist JIT fehl am Platz und eine vernünftige Lagerhaltung sinnvoll. Viele Unternehmen gehen in Insolvenz, weil sie trotz Aufträgen keine Werkstoffe zur Erfüllung der Aufträge beziehen können. Bei Musima waren die Lager allerdings voll.
Noch ein letzter Punkt zur Qualität der Musima-Produkte. Mir ist beides schon untergekommen. Es gab âKrückenâ, aber auch hochwertiges. Meine 25 K zum Beispiel war von der Fertigungsqualität eher schlechter. Hier hat man schlicht und ergreifend schlampig bundiert. Auch eine SLAMMER-Strat, die ich vor einigen Jahren in die Hände bekam war leicht verpfuscht. Die Halstasche dieses Modells war unsauber gefräst.
Bei allen Musima-Gitarren, die ich je in Händen gehalten habe (und das dürfen gut 30 Stück gewesen sein) waren dies jedoch die einzigen AusreiÃer nach unten. Gerade die âspätenâ E-Gitarren und die Nachwende-Akustik-Gitarren sowieso, sind von derart herausragender Qualität, dass sie sich vor keinem Konkurrenten ihrer Klasse verstecken müssten. Dazu noch ein abschlieÃendes Beispiel: Meine Musima Lead-Star (Moderne Variante mit âCharvel-Formâ-Hals, Bridge-Humbucker und 2 Singlecoil) steht meiner Ibanez RBM 10 (Baujahr irgendwann Mitte-Ende der 90er) in Punkto Bespielbarkeit und mechanischer Ausführung in nichts nach. Während der Ibanez-Body etwas filigraner geformt ist, ist das Musima-Tremolo-System dem an der Ibz verbauten Floyd-Rose in Punkto Stimmbarkeit und Handling klar überlegen.
Selbstverständlich wäre eine Musima mit 1000 Mitarbeitern Belegschaft heute undenkbar. Dennoch hätte das Unternehmen in an Marktverhältnisse angepasste Form durchaus eine Ãberlebenschance gehabt.
Viele GrüÃe,
Roland
Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Hm, was hat es nun mit Musima und Warwick auf sich?
Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma

folge den beiträgen aber sehr interessiert.
Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Erschöpfende Antwort.intune hat geschrieben:, den anderen smiley hab ich mir erspart.

Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Tja, da hat es mich kalt erwischt! Die Platte ist vom Tisch und die Daten...
Details sind in den News der Guitar-Letter zu finden.
Leider habe ich nach dem letzten Backup noch umfangreiche Ãnderungen an meinem Ost-Gitarren-Artikel vorgenommen. Wenn ich die Daten nicht wiederbekomme, wird das wohl noch eine Weile dauern.
Ulf

Details sind in den News der Guitar-Letter zu finden.
Leider habe ich nach dem letzten Backup noch umfangreiche Ãnderungen an meinem Ost-Gitarren-Artikel vorgenommen. Wenn ich die Daten nicht wiederbekomme, wird das wohl noch eine Weile dauern.

Ulf
Re: Die Ost-Gitarre am Beispiel von Musima und Migma
Respekt! Ein guter Beitrag, der zwar manchmal etwas leicht tendenziöse Wege einschlägt, aber im Ganzen sehr gut ist. Danke dafür!
Aber ein Hinweis noch zur Einleitung. Der Hinweis auf "vintage" als Schlagwort trifft nur bedingt den Kern. Der Begriff wird im deutschen Raum gern etwas sehr eng ausgelegt (insbesondere beim groÃen Online-Auktionshaus;-), denn man versteht darunter oftmals alt+wertig in Einem. Aber streng übersetzt heiÃt es eher altmodisch und ist im Originalgebrauch gar nicht auf- sondern eher abwertend gemeint. Vintage heiÃt genaugenommen nur "alte Sache" und nicht auch, daà es dadurch besonders hochwertig und gut sei. Oft wird es sogar für "im Veralten begriffen" genutzt, also eher das Gegenteil von "über die Jahre gereift"
Insofern sind vintage-Werbungen für 20 Jahre alte Japan-Plagiate durchaus korrekt bezeichnet
Der Fehlschluà passiert im Kopf des Käufers. Und in Bezug auf dieses Thema finde ich den Artikel top gemacht! Er nimmt dem Interessierten durchaus ein paar Denkfehler im Vorfeld...
dankenden GruÃ
Roman
PS: Der gröÃte Witz an der ganzen Nachbaugeschichte war ja, daà man in der BRD oder im Intershop (dem Westvorbild nachgebaute) DDR-Gitarren kaufen konnte und in der CSSR (illegal in die DDR eingeführt natürlich) dann die Nachbauten der DDR-Modelle in tschechisch
ich hatte selbst jahrelang noch so ein CSSR-Modell stehen, was nach ca. 2 Tagen begann die korrekte (Nylon)Saitenspannung in sichtbare Halskrümmung zu verwandeln... Daneben stand eine DDR-Variante (1:1 optisch identisch gebaut), die aufgrund eines Lackierfehlers im Ostladen landete - die wiederum war sogar mit Stahl bespannbar. Also Plagiat vom Plagiat gab's auch noch
Und wenn ich mir jetzt überlege, daà diese tschechischen Instrumente vielleicht in China als "gute Europaware" gelandet sind...**kopfschüttel**
Aber ein Hinweis noch zur Einleitung. Der Hinweis auf "vintage" als Schlagwort trifft nur bedingt den Kern. Der Begriff wird im deutschen Raum gern etwas sehr eng ausgelegt (insbesondere beim groÃen Online-Auktionshaus;-), denn man versteht darunter oftmals alt+wertig in Einem. Aber streng übersetzt heiÃt es eher altmodisch und ist im Originalgebrauch gar nicht auf- sondern eher abwertend gemeint. Vintage heiÃt genaugenommen nur "alte Sache" und nicht auch, daà es dadurch besonders hochwertig und gut sei. Oft wird es sogar für "im Veralten begriffen" genutzt, also eher das Gegenteil von "über die Jahre gereift"

Insofern sind vintage-Werbungen für 20 Jahre alte Japan-Plagiate durchaus korrekt bezeichnet

Der Fehlschluà passiert im Kopf des Käufers. Und in Bezug auf dieses Thema finde ich den Artikel top gemacht! Er nimmt dem Interessierten durchaus ein paar Denkfehler im Vorfeld...
dankenden GruÃ
Roman
PS: Der gröÃte Witz an der ganzen Nachbaugeschichte war ja, daà man in der BRD oder im Intershop (dem Westvorbild nachgebaute) DDR-Gitarren kaufen konnte und in der CSSR (illegal in die DDR eingeführt natürlich) dann die Nachbauten der DDR-Modelle in tschechisch

