US-Exporte von Saxophonen (Kohlert, Adler ...) bis 1923

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tobi
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Registriert: Mo 02. Feb 2015, 17:07

US-Exporte von Saxophonen (Kohlert, Adler ...) bis 1923

Beitrag von tobi »

Hallo liebe Fachgemeinde,

momentan versuche ich, Nachweise zu finden, dass Hersteller, wie V. Kohlert's Söhne und Oscar Adler vor dem 1. Weltkrieg (und etwas danach) Saxophone in die USA exportiert hatten. Zugegebenermaßen fällt mir dies derzeit recht schwer. Nur vom Hersteller Holton läuft mir vereinzelt das ein oder andere Saxophon über den Weg, welches ich Kohlert zuordnen kann.

Wie sieht es aber beispielsweise mit dem Hersteller H.N. White (bzw. King) aus? Ich meine, dass diese Saxophone bis 1916 (Sopranos und Baris sogar länger) von V. Kohlert's Söhne gebaut worden waren. Wo sind alle diese Instrumente geblieben? Gibt es in Archiven irgendwelche Belegexemplare bzw. Fotos davon?

Weiterhin: Wie sieht es mit Oscar Adler aus? Waren das nur Baugruppen bzw. Einzelteile, die in die USA geliefert wurden? In "de Wit" - Zeitschrift für Instrumentenbau - findet man im Jahre 1935 die folgende Aussage:
" ... Vor allem hat die Firma (Kommentar: Oscar Adler) als erstes Unternehmen in Deutschland den Bau von Saxophonen vor etwa dreißig Jahren aufgenommen und vor dem Kriege (Kommentar: das meint den ersten Weltkrieg, also bis 1914) die meisten amerikanischen Saxophonunternehmen mit ihren Erzeugnissen beliefert. ..."

Danke für jeden noch so kleinen Hinweis bzw. Hintergrund,
Tobi.

el gitano
Beiträge: 112
Registriert: Di 04. Mär 2014, 14:23

Re: US-Exporte von Saxophonen (Kohlert, Adler ...) bis 1923

Beitrag von el gitano »

Hallo Tobi,
da hast du dir aber ein "schönes" und schwieriges Thema ausgesucht.
Daran erinnerst du dich: https://www.saxophonforum.de/threads/re ... ost-593598
Immer mal wieder suche ich im web info über J.W.Pepper, zumal ich inzwischen eine Sopran-Klarinette von J:W:Pepper habe (nur auf dem Schalltrichter graviert), das meiner Meinung nach ein D.Noblet Instument ist. Körper nur mit Seriennummer gestempelt und passt zu Noblet.
Irgendwo habe ich gelesen, soweit ich mich erinnere auf einer historischen Werbeanzeige (finde diese aber nicht mehr), dass J.W.Pepper Saxophone von Buffet Crampon 1:1 kopiert hatte. So denke ich mein Sax auch so einzustufen. https://www.jwpepper.com/since1876
Ich will damit sagen, dass Vergleiche nicht unbedingt zu einem richtigen Hersteller führen müssen. Zumal seinerzeit viel geschrieben wurde, um die Qualität eines Instruments durch Herstellerangaben aufzuwerten.
Als Phantasie schwebt mir nun vor, dass J.W.Pepper Instumente von Kohlert importiert hat und diese als eigene Buffetkopieen verkaufte.

Meinerseits viel Spekulationen, wünsche dir aber viel Erfolg,

Claus

tobi
Beiträge: 628
Registriert: Mo 02. Feb 2015, 17:07

Re: US-Exporte von Saxophonen (Kohlert, Adler ...) bis 1923

Beitrag von tobi »

Danke, Claus!
el gitano hat geschrieben:
Di 21. Mai 2024, 7:42
Ich will damit sagen, dass Vergleiche nicht unbedingt zu einem richtigen Hersteller führen müssen. Zumal seinerzeit viel geschrieben wurde, um die Qualität eines Instruments durch Herstellerangaben aufzuwerten.
Stimmt schon, das ist ein schwieriges Thema. Aber von nix kommt nix. Ein Saxophon 1:1 nachzubauen, ist extrem aufwändig. Es gibt immer kleine Details, die der Kopierer anders macht. Obwohl - es ist schon sehr herausfordernd, ein Evette & Schaeffer Alto von einem von V. Kohlert's Söhne Alto derselben Zeit auseinanderzuhalten. Mir gelingt das noch nicht zufriedenstellend.

Eine Erkenntnis habe ich aber bekommen: In den Anfängen des deutschen Saxophonbaus wurde zunächst wild von den Franzosen (und nicht von den Amerikanern) kopiert, bis irgendwann die eigene Handschrift entwickelt wurde. Das gilt für V. Kohlert's Söhne genauso wie für Oscar Adler, aber bestimmt auch für den ein oder anderen weiteren Hersteller des Musikwinkels.

Gerne würde ich meine die Frage noch erweitern: Wie sehen die V. Kohlert's Söhne Saxophone zwischen 1919 und 1925 aus? 1926 hat Kohlert sein erstes (mir bekanntes) eigenes Modell auf den Markt gebracht, nämlich das Modell 1926. Und bis 1918 wurden die bekannten "k.k." Embleme auf den Trichter verlötet. Nur - was war denn dazwischen? Wie sahen diese Saxophone aus?

Viele Grüße,
Tobi

Dr. Enrico Weller
Mitglied des Museumsvereins
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Wohnort: Markneukirchen

Re: US-Exporte von Saxophonen (Kohlert, Adler ...) bis 1923

Beitrag von Dr. Enrico Weller »

Liebe Saxophongemeinde,

ein interessantes Thema, zu dem ich leider keine Fakten, sondern nur Wahrnehmungen habe.
Lieferverzeichnisse der Firmen wären hier natürlich die ideale Quelle, aber da gibt es bei Adler nichts mehr. Den Verkauf einzelner Baugruppen würde ich aber ausschließen, das war dann vielleicht um 1930 der Fall, als Harry Bettoney kurze Zeit hier im Ort fabriziert hat.

Ein Saxophonbau in Deutschland hat sich nach 1900 für den Binnenmarkt wohl nicht gerechnet: Adler war zwar mit einigen Militärkapellen in Verbindung, wo man die Saxophone eingeführt hat. Damit hat man auch geworben. Aber ohne Exporte hätte man das neue Instrument nicht in kleiner Serie herstellen können. Frankreich konnte ich selbst versorgen und war ohnehin der „Erzfeind“. Also lag es nahe, dass die starken Exportkontakte der Markneukirchner in die USA auch das Saxophon betrafen. Deshalb ist die Selbstdarstellung der Firma in der ZfI 56 (1935/36), S. 41 (01.11.1935) nachvollziehbar, wenngleich einige Dutzend Saxophone pro Jahr auf dem amerikanischen Markt sicherlich keine Größe waren.

Die einzigen frühen Adler-Saxophone, die wir kennen, sie jene, die 1908 in das neugegründete Deutsche Museum in München kamen: Sr.-Nr. 407 und 465. Weiter geht die Kenntnis dann erst mit Nummern nach der 2000, die dann wohl schon nach dem Ersten Weltkrieg gebaut wurden. Diese spürbare Lücke bis dahin mag der Amerika-Export sein. Auch wenn sich Adler als Fabrikant von den Verlegern und Exporteuren in Markneukirchen emanzipieren konnte, wird er beim US-Export bestimmt die Marken- oder No-Name-Wünsche seiner Abnehmer akzeptiert haben.

Ein interessantes Zeichen für diese Amerika-Orientierung bietet die 11. Auflage des Weltadressbuchs von Paul de Wit – Teil 2: Europa (ausschließlich Deutschland, Österreich, Tschechoslowakei) und übrige Erdteile, Leipzig 1926/27. Dort hat Adler & Co. eine Annonce direkt in den New Yorker Seiten platziert und wirbt mit seinen Holzblasinstrumenten und Saxophonen.

Soweit einige Gedanken am Sonntagabend.

Viele Grüße
Enrico

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