Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe hier eine Geige, welche noch bis vor kurzem auf einem Dachboden lag.
Im Innern klebt ein Zettel mit "Antonius Stradivarius Cremonen... Faciebat Anno 1721) die 7 davon ist tiefgestellt oder handgeschrieben, die 2 und die 1 auf jeden Fall handgeschrieben. Wiegen tut das gute Stück so wie es auf den Bildern ist 349g.
Taugt dieses Instrument als Ãbungsinstrument oder ist dies völlig wertlos?
Vielen Dank schon mal.
Herzliche GrüÃe aus dem Erzgebirge
Dachbodenfund
Moderatoren: Heidrun Eichler, Udo Kretzschmann
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Dachbodenfund
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Re: Dachbodenfund
Hallo Steinadler,
es ist ungefähr so, als ob mir jemand ein Foto von einer Waschmaschine schickt und fragt, ob die gut wäscht
Einfach ausprobieren. Man sieht einer Geige nicht an, ob sie gut klingt, man muss sie jemanden zeigen, der sich damit auskennt.
Und der Zettel ist ziemlich egal, auÃer, dass man vielleicht darauf schlieÃen kann, dass sie aus dem sächsisch-böhmischen Musikwinkel um 1900 kommt.
Schönen Abend,
Heidrun
es ist ungefähr so, als ob mir jemand ein Foto von einer Waschmaschine schickt und fragt, ob die gut wäscht

Einfach ausprobieren. Man sieht einer Geige nicht an, ob sie gut klingt, man muss sie jemanden zeigen, der sich damit auskennt.
Und der Zettel ist ziemlich egal, auÃer, dass man vielleicht darauf schlieÃen kann, dass sie aus dem sächsisch-böhmischen Musikwinkel um 1900 kommt.
Schönen Abend,
Heidrun
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Re: Dachbodenfund
Hallo Steinadler,
ich möchte zu Heidruns Ausführungen ergänzen:
Für ein Ãbungsinstrument finde ich vor allem wichtig, daà die Mensuren stimmen (130/195mm bei 4/4) und daà spieltechnisch alles in Ordnung ist (z.B. Steg- und Griffbrettrundung, Griffbretthöhlung, Saiteneinteilung, Form des Halsgriffs, Gängigkeit der Wirbel etc.). Natürlich darf auch der Steg nicht verzogen sein und die Stimme sollte über die Jahre nicht zu kurz geworden sein, tja umd auch die Saiten verdienen einen kritischen Blick, ob sie noch verwendbar sind. Wenn man dies alles nicht selbst einschätzen kann, ist auch mein Tip, sich mit der Geige zu einem Fachmann zu begeben. Und wie immer der Hinweis an dieser Stelle, daà eine lange Liste von Kollegen hier am Ort gern bereit ist, da weiter zu helfen. Und mit einem Besuch unseres Museums läÃt sich das sicher gut verbinden.
Was mir noch an der Geige auffällt, sind die starken Kolophonium- Ablagerungen, die zwar keinen gutem Klang oder stimmige MaÃe belegen können, wohl aber von häufigem Gebrauch künden, wo und wie auch immer.
"Völlig wertlos", so ist zumindest meine Hoffnung daher, ist die Violine nicht. Aber damit beuge ich mich nur anhand solcher Fotos wirklich weit aus dem Fenster... Zumindest sollte sie wert sein, einmal von einem Geigenmacher in Händen gehalten zu werden.
Mit freundlichen GrüÃen
Udo
ich möchte zu Heidruns Ausführungen ergänzen:
Für ein Ãbungsinstrument finde ich vor allem wichtig, daà die Mensuren stimmen (130/195mm bei 4/4) und daà spieltechnisch alles in Ordnung ist (z.B. Steg- und Griffbrettrundung, Griffbretthöhlung, Saiteneinteilung, Form des Halsgriffs, Gängigkeit der Wirbel etc.). Natürlich darf auch der Steg nicht verzogen sein und die Stimme sollte über die Jahre nicht zu kurz geworden sein, tja umd auch die Saiten verdienen einen kritischen Blick, ob sie noch verwendbar sind. Wenn man dies alles nicht selbst einschätzen kann, ist auch mein Tip, sich mit der Geige zu einem Fachmann zu begeben. Und wie immer der Hinweis an dieser Stelle, daà eine lange Liste von Kollegen hier am Ort gern bereit ist, da weiter zu helfen. Und mit einem Besuch unseres Museums läÃt sich das sicher gut verbinden.
Was mir noch an der Geige auffällt, sind die starken Kolophonium- Ablagerungen, die zwar keinen gutem Klang oder stimmige MaÃe belegen können, wohl aber von häufigem Gebrauch künden, wo und wie auch immer.
"Völlig wertlos", so ist zumindest meine Hoffnung daher, ist die Violine nicht. Aber damit beuge ich mich nur anhand solcher Fotos wirklich weit aus dem Fenster... Zumindest sollte sie wert sein, einmal von einem Geigenmacher in Händen gehalten zu werden.
Mit freundlichen GrüÃen
Udo
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Re: Dachbodenfund
Vielen Dank für eure Antworten.
Also bei der Geige handelt es sich m.E. um ein 3/4-Instrument (ca. 565 Länge u. Korpuslänge 335).
Was auch komisch ist, ist die Länge des Bogens. Der ist 645mm inkl. Schraube. Das passt doch nicht zu einer 3/4-Geige, oder?
@Udo Kretzschmann:
An was erkennt man denn die Kolophonium-Ablagerungen? Sind das die dunklen Stellen auf der Decke?
Also bei der Geige handelt es sich m.E. um ein 3/4-Instrument (ca. 565 Länge u. Korpuslänge 335).
Was auch komisch ist, ist die Länge des Bogens. Der ist 645mm inkl. Schraube. Das passt doch nicht zu einer 3/4-Geige, oder?
@Udo Kretzschmann:
An was erkennt man denn die Kolophonium-Ablagerungen? Sind das die dunklen Stellen auf der Decke?
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Re: Dachbodenfund
Hallo Steinadler,
Mit freundlichen GrüÃen
Udo
Ja, das sind typische MaÃe einer 3/4- Geige. Den Bogen würde ich als einen etwas länger geratenen 1/2-Bogen bezeichnen. Doch bei den kleinen Instrumenten und Bogen sind die MaÃe sowieso nicht ganz einheitlich.steinadler hat geschrieben: Also bei der Geige handelt es sich m.E. um ein 3/4-Instrument (ca. 565 Länge u. Korpuslänge 335).
Was auch komisch ist, ist die Länge des Bogens. Der ist 645mm inkl. Schraube. Das passt doch nicht zu einer 3/4-Geige, oder?
Ja, genau so ist es. Das Kolophonium verbindet sich mit dem normalen Umgebungsschmutz zu einer recht stabilen Kruste, die mit der Zeit richtig schwarz aussehen kann und sich vom Laien kaum, ohne Schaden anzurichten, entfernen läÃt. Ich habe den Eindruck, mit der Zeit "diffundiert" das Harz regelrecht in den Lack hinein. Daher empfiehlt es sich, den losen Kolophonium- Staub nach jedem Spiel mit einem trockenen Tuch abzuwischen. Das Tuch sollte Fussel- und Schlingenfrei sein, um dabei nicht womöglich an den zarten Steg- Verzierungen hängen zu bleiben!@Udo Kretzschmann:
An was erkennt man denn die Kolophonium-Ablagerungen? Sind das die dunklen Stellen auf der Decke?
Mit freundlichen GrüÃen
Udo