Norbert hat geschrieben:Als die Wende kam, mussten ja alle beweglichen DDR-Dinge erst mal weg, seien es Autos, Motorräder, Küchenmaschinen und dergleichen gewesen, um Platz zu schaffen, für "Neues".
Das das vielfach noch gröÃerer Mist war, haben wir Ossies erst später begriffen und kaufen nun aus lauter (N)ostalgie bestimmte Dinge wieder zurück.

Ja Norbert, da ist was dran. Wobei das nicht immer als reine Nostalgie abgetan werden kann.
Bei Instrumenten kann ich diesbezüglich keine Aussage treffen, bei der sogenannten Heimelektronik schaut das schon anders aus. Dort ist es nicht pure Nostalgie sondern vielfach der allenthalben heutzutage als "HiFi-Anlage" angebotene Schrott, welcher es nicht wert ist ausgepackt zuwerden. Da besinnt man sich doch wieder, daà man vor nicht allzulanger Zeit - freilich für viel Geld erworben! - eine Stereoanlage Made in GDR besaÃ, die es mit den heutigen genialen Brüllwürfeln die man als 400 Watt HiFi-Raumklangwunder oder unter ähnlich skurrilen Bezeichnungen offeriert locker aufnimmt. Nicht nur in der Schalleistung, da sind ehrliche 2x20 Watt Sinus Dauerleistung dem Geilmarktschrott haushoch überlegen, auch in der Empfangsqualität tun sich Abgründe auf!
Die sogenannten modernen Produkte werde nur mit dem Ziel entwickelt, eine optimierte Halbwertszeit zu haben, die nicht wesentlich die gesetzlich vorgeschriebenen Garantiezeit überschreitet - schon viel, wenn sie diese überhaupt erreicht! Und wenn der Fall eintritt, bleibt zumeist nur die Feststellung, daà eine Reparatur nicht durchführbar ist, also Müll.
Das andere Extrem, die totale "Reparaturwütigkeit" kennt der gelernte DDR-Bürger auch zur Genüge. Besonders wer mal einen Trabi hatte und dafür einen Austauschmotor von der Werkstatt angeboten bekam weil das erste Triebwerk nach ca. 120 Tsd.Km breit war, wird ein Lied davon singen können sofern er sich auf diesen Handel eingelassen hatte. Der "neue" Motor (war u.U. bereits schon zehnmal generalüberholt) schaffte ggfs. ca. 40 Tsd. km, wer ein absoluter Glückspilz war, durfte nach nichtmal 10 tsd. km erneut die Werkstatt aufsuchen. Der bekam dann Ersatz weil noch Garantie! Und anders als heutzutage üblich, begann mit dem neu eingebauten Teil - auch wenn es ein rep. Altteil war - die Garantie wieder von vorn zu laufen! Deswegen ist das mit dem Glückspilz nicht sarkastisch gemeint.
Die Instandsetzung von Gebrauchs- und Wirtschaftsgütern hatte in der DDR einen für Westelbier unvorstellbar hohen Stellenwert und wurde zunehmend industriemäÃig betrieben.
KFZ-Baugruppen und Teile wie Motore, Ausgleichs-, Schalt- und Lenkgetriebe, Achsen, Spurstangen, Federn, Kupplungsscheiben und Backen von Trommelbremsen, Tachometer, Kapillarthermometer, Anlasser, Lichtmaschinen u.a.m. wurden z.T. in groÃen zentralen Industriebetrieben regeneriert oder als Einzelaufträge von kleinen Handwerksbetrieben instandgesetzt. Auch Baugruppen von Fernsehgeräten und natürlich auch defekte Bildröhren wurden über den Weg einer zentralen Instandsetzung in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt. Die Reparaturwerkstätten hatten z.B. ein Kontingent an defekten Bildröhren abzuliefern um "neue" Bildröhren zu bekommen. Neu war an denen lediglich das System. Der Schirm konnte bei Einbrennfehlern natürlich nicht repariert werden und wurde, ebenso bei Kratzern oder Blasen im Kolbenglas dann eben geschrottet.
Rein ökonomisch betrachtet machte das freilich zum GroÃteil keinen Sinn. Es war dessen ungeachtet aber eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit, so zu verfahren und es sei nicht verschwiegen, daà es durchaus auch gute Erträge zu erwirtschaften gab, z.B. bei der Bildröhrenaufarbeitung denn bei diesen Teilen ist das weitaus teuerste der Glaskörper! Das Strahlsystem ist dagegen sehr billig zu fertigen. Bei Steckmodulen der TV-Geräte sah es ökonomisch ebenso positiv aus. Durch die zentrale Instandsetzung konnten spezielle MeÃ- und Reparaturplätze geschaffen werden, welche eine zielführende Diagnose sicherten und damit in kürzester Zeit bei geringstem Materialeinsatz die Baugruppen als geheilt in den Kreislauf zurückgeführt werden konnten. Es wurde nach RLP abgerechnet, d.h. der Kundendienstmonteur hatte eine feststehende Summe vom Kunden abzufordern, deren Höhe von vornherein feststand und die so bemessen war, daà sie problemlos aufgebracht werden konnte. Auf das "Neuteil" gab es dann auch wieder Garantie.
So einem Geschäftsmodell konnte kein Handwerksbetrieb wirtschaftlich widerstehen, weshalb sich auch niemand sträubte, darin integriert zu werden. Bagatellreparaturen wurden ebenso wie Reparaturen an nicht tauschpflichtigen Baugruppen / Geräten selbstverständlich nach wie vor konventionell erledigt und +/- fair abgerechnet.
Was bei Elektronik noch recht leicht machbar ist, kann bei Mechanik aber nicht genauso funktionieren! Neue Einzelteile in ein durch Alterungsprozesse hinfällig gewordenes Gehäuse einzubauen ist eben nicht so der Bringer. Da muà man sich nicht wundern, wenn es zu Ermüdungsbrüchen kommt - die Mikrorisse waren ja schon lange da, auch wenn man sie nicht mit bloÃem Auge sehen konnte.
Uns so torkeln wir von einem Extrem in das andere und man stellt sich die Frage, ob es so schwer ist, einen vernünftigen Mittelweg zu finden?
Hersteller per Gesetz zu zwingen, ihre eigenen Produkte nach der Nutzungszeit wieder zurückzunehmen um sie stofflich zu verwerten, kann m.E. nicht die Lösung sein denn die Zeche zahlt der Kunde doppelt und dreifach!
Ein Kapitel DDR-Geschichte ist auch noch erwähnenswert: Die Behelfsverpackung!
Das ist eigentlich etwas, was man mit Worten nicht annähernd darstellen kann; man muà es mit eigenen Augen gesehen haben! Leider verfüge ich über keine derartigen Artefakte. Da kommen einem die Tränen, wenn man das sieht
Ostalgie, damit verbinde ich persönlich ein Lebensgefühl, welches durch die zwangsweise Entsolidarisierung der Bevölkerung zunehmend verloren geht. Das hat primär nichts mit Mangelwirtschaft, fehlender Reisefreiheit, stinkenden Trabis u.dgl. zu tun. Insofern ist der familienübergreifende Zusammenhalt hier im ländlichen Raum noch bedeutend ausgeprägter als in den urbanisierten Ballungsgebieten und das ist gut so.
Ostalgie ist freilich auch eine +/- gut vermarktbare Geschäftsidee; mit der erlebten Wirklichkeit hat diese Ostalgie aber garnichts zu tun.